In der aktuellen Zeit spielt die Neubauförderung eine entscheidende Rolle bei der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, insbesondere angesichts steigender Baupreise, hoher Kreditzinsen und einem allgemeinen Mangel an erschwinglichen Wohnungen. Hinzu kommt, dass sowohl Staat als auch Bauherren ein großes Interesse daran haben, nachhaltige und zukunftsgewandte Gebäude zu bauen. Daher sind bei der Neubauförderung Nachhaltigkeitsaspekte ein entscheidendes Kriterium. Die Verfügbarkeit von Fördertöpfen mit Nachhaltigkeitsbezug entscheidet häufig darüber, ob ein Wohnbauprojekt überhaupt entstehen kann.
Über die Voraussetzungen, die für den Erhalt von Fördergeldern zu erfüllen sind, haben wir zuletzt in unserem Blogbeitrag im Juni 2024 berichtet. Die Einhaltung des energetischen Gebäudestandards EH40 ist hier eine der wichtigsten Grundvoraussetzungen, mit welcher ein Großteil weitere QNG-Anforderungen sowie Nachhaltigkeitskriterien indirekt verknüpft sind, so z.B.:
Treibhauspotenzial (GWP)
nicht-erneuerbarer Primärenergiebedarf (PENRT)
dezentrale Energieversorgung
ausgewählte Kosten im Gebäudelebenszyklus (LCC)
sommerlicher Wärmeschutz
Tageslichtverfügbarkeit
Die Mischung macht‘s
Bei der Zertifizierung von nachhaltigen Gebäuden z.B. nach dem BNK/BNG-System gilt das performance-orientierte, ganzheitliche Bewertungsprinzip. Oder anders ausgedrückt: Die weniger gute Bewertung des einen Kriteriums kann durch die bessere Bewertung eines anderen Kriteriums „ausgeglichen“ werden, solange immer die Mindestanforderungen des jeweiligen Kriteriums erfüllt werden.
Diese Kriterien werden maßgeblich durch die verpflichtenden Anforderungen an den energetischen Standard EH40 und die zugrunde liegenden QNG-Rechenregeln für die Ökobilanzierung bestimmt.
Wie kann man den EH40 Standard konkret umsetzen? Ein Preview…
Wirkt das noch etwas kryptisch? Schauen wir uns ein konkretes Beispiel, nämlich unser MFH-Referenzgebäude namens „Robert-Koch-Str.“, an. Die Zahlen aus der energetischen und ökologischen Bilanzierung der Planungs- und Genehmigungsphase zeigen den Zusammenhang mit QNG auf. Wie wurde diesem Umstand Rechnung getragen? Für die Einhaltung des EH40-Standards wird eine Sole-Wasser-Wärmepumpe zzgl. passend dimensioniertem Speicher als Kombigerät für Heizung und Warmwasserbereitung installiert. Eine PV-Anlage mit einer Spitzenleistung von 16,8 kWpeak sowie ein Stromspeicher mit passender Nutzkapazität ergänzen den Wärmeerzeuger und sorgen für einen hohen Anteil an grünem Solar-Strom, welcher überwiegend am Gebäude genutzt werden soll.
Und nun folgte ein exklusiver Preview auf die Berechnung unserer Energiebilanz zum aktuellen Planungszeitpunkt. Aus der Erfüllung der EH40-Anforderungen ergeben sich die für die Gebäudehülle erforderlichen Konstruktionen mit entsprechenden U-Werten sowie die Endenergiebedarfe für die Betriebsphase (siehe Bild 2), welche in die Ökobilanz nach QNG-Vorgaben zu übertragen sind.
Bild: Ergebnisdarstellung Energiebilanz MFH-Referenzprojekt & Einhaltung EH40-Standard (Stand Genehmigungsphase)
TIPP: Worauf sollte man besonders achten?
Durch Berücksichtigung der Rechenregeln und Ökobilanzdaten nach QNG-Regularien ergeben sich daraus durch Erstellung einer LCA-Analyse die ökologischen Wirkindikatoren GWP und PENRT. Für die Einhaltung der QNG-Anforderungen für das Treibhauspotenzial ist unbedingt darauf zu achten, dass ggf. nicht-natürliche Kältemittel für die Wärmepumpe mit zu berücksichtigen sind. Im Idealfall wird eine Wärmepumpe mit einem natürlichen Kältemittel installiert. Sollte dies jedoch nicht umsetzbar sein, so ist in Abhängigkeit der Art und der im System enthaltenen Menge des nicht-natürlichen Kältemittels (z.B. R410A und 4,4 kg) ein Zuschlag (F-Gase) zum Ergebnis der LCA-Analyse beim Treibhauspotenzial zu berücksichtigen.
Bild: Ergebnisdarstellung Ökobilanz MFH-Referenzprojekt & Einhaltung QNG-PLUS-Benchmarks (Stand Genehmigungsphase)
CO2-Bilanzierung: Betriebsphase des Gebäudes wird oft unterschätzt
Die verschiedenen lebenszyklusbezogenen Anteile am Gesamtgebäude-CO2-Fußabdruck über 50 Jahre sind an der Grafik in Bild 3, rechts abzulesen. Hier zeigt sich sehr deutlich, dass selbst bei einem EH40-Standard immer noch ca. 47% der CO2-Emissionen infolge der Gebäudenutzung (Wärme und Nutzerstrom) entstehen und die Baukonstruktionen (KG 300) nicht einmal ein Drittel des gesamten Wertes ausmachen. Dies sollte bei den vielfältigen und fortdauernden Diskussionen um verschiedenste Baumaterialien und Bauweisen Berücksichtigung finden und konkret auch bei der Wahl des Baustoffs bedachten werden. Die aktuelle QNG-Förderung ist technologieoffen und somit Garant dafür, dass die klima- und die sozialpolitischen Probleme der heutigen Zeit lösbar sind und es in Zukunft auch bleiben.